Das eckige Haus

Heiteres Scheitern III

Das Eckige Haus oder "Ist die Moderne unsere Antike?"

Ein Kommentar des Kunsttempels zur documenta12
in Kooperation mit Westermann Gerüstbau

Konzept: Zaki Al-Maboren und Friedrich W. Block

13. Juni bis 8. Juli 2007

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Nachdem der Kunsttempel schon 2002 als größte Kuckucksuhr der Welt die "DOCUMENTA XI" mit einem Kommentar versehen hat, hat er sich auch dieses Mal verwandelt. Der Kommentar inszeniert, reflektiert, karikiert einen der drei Leitsätze der diesjährigen "documenta":

"Ist die Moderne unsere Antike?"

Der Satz wurde auf Arabisch übersetzt - so gut es ging, denn das Arabische kennt z.B. kein Wort für "Antike" - und läuft in arabischer Schrift auf einem Band um den Kunsttempel bzw. seine Verkleidung.

Die Verkleidung verwandelt den Kunsttempel in einen schwarzen, oben offenen Kubus (eine Übersetzung von "Kaaba") bzw. in ein "Eckiges Haus" (eine andere Übersetzung von "Kaaba"). Anders als der schwarze Quader von Gregor Schneider (zu sehen momentan vor der Galerie der Gegenwart in Hamburg als Hommage an Malewitsch) stellen wir unseren schwarzen Kasten ausdrücklich in den Zusammenhang des gegenwärtig im öffentlichen Diskurs als brisant empfundenen Konflikts insbesondere mit solchen Kulturen, die die Differenz Moderne/Antike  nicht so wie "wir" für ihre Identität verwenden. Natürlich zitiert das "Das Eckige Haus" ebenfalls die Moderne wie auch – als "black cube" sozusagen ex negativo – den Kunstbetrieb und zugleich in Form unseres verkleideten klassizistischen Tempelchens auch die Antike.

Man kann unsere Präsentation des Satzes als Karikatur des Kunstbetriebs lesen, für den die "documenta" steht und dessen Teil natürlich auch der Kunsttempel ist. Eine Karikatur, wie es sich gehört, aus Bild (das verkleidete Haus) und Text (der Satz). Wenn man will, ist dies auch ein Spiel mit dem Namen, den wir nicht ohne Ironie unserer kleinen Galerie gegeben haben. Zugleich fordert die Textinstallation die Hysterie heraus, mit der gegenwärtig Symbole des Islam medial verwertet werden.

Hintergrundinformation zur "Kaaba"
Die Kaaba ("Kubus", "Würfel", übersetzt auch als "Eckiges Haus") steht in Mekka, Saudi-Arabien und gilt heute als das größte Heiligtum des Islam. Die Pilgerreise zur Kaaba ist eine der fünf Säulen des Islam. Der Überlieferung nach wurde die Kaaba in vorislamischer Zeit von Adam erbaut und, nachdem sie in Vergessenheit geraten war, von Abraham wieder errichtet. Sie diente als Treffpunkt der Dichter und Denker. Um das Eckige Haus herum befanden sich zahlreiche Skulpturen, Zeugnisse früherer Religionen. Dergleichen Aspekte symbolisieren auch die kulturellen Übergänge der Religionen.

Zaki Al-Maboren
wurde 1959 in Artul (Sudan) geboren, lebt heute in Kassel. Er absolvierte ein Studium des Grafik-Designs am College of Fine and Applied Art von Khartoum sowie der Kunstwissenschaften an der Universität Kassel. Seit 1987 mehr als 100 Ausstellungen in Deutschland, Sudan, Saudi-Arabien, Finnland, Dänemark, den Niederlanden, der Schweiz, Östterreich und den USA.

Friedrich W. Block
geboren 1960 in Berlin, Leiter des Kunsttempels und der Stiftung Brückner-Kühner in Kassel. Kurator, Literatur- und Medienwissenschaftler. Visuelle, intermediale und performative Poesie, seit 1986 Ausstellungen in Deutschland, Europa, Brasilien und Japan. Zahlreiche Publikationen.

Das Titelfoto stammt von Jochen Herzog.

Zu unserem Partner Westermann Gerüstbau geht es hier.


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